Die experimentelle und performative Video-Sound-Arbeit I am creating this mother (Teil des Werkkomplex mother darkening mother rising) zeigt die Entstehung einer figurativen Skulptur. Die modellierenden Hände bleiben weitgehend unsichtbar und nur die Bewegungen im Negativraum deuten auf die Anwesenheit einer schaffenden Entität hin. Das Bildmaterial ist stark abstrahiert und vermittelt den Eindruck einer mikroskopischen Aufnahme, in der sich ein Wesen bewegt, verändert, entwickelt. Der begleitende Text, der von einer tiefen, modifizierten Stimme vorgetragen wird, erzählt von der Erschaffung der Mutter aus der Perspektive der unbekannten schöpferischen Figur. Die surreale Szenerie wird von einer Komposition aus Synthesizer-Klängen und Gesang begleitet.
Die in diesem meditativen Akt geschaffene Figur wird verbogen, beschädigt, umgestaltet, aufgerissen, zerquetscht. Sie wird gleichzeitig geformt und verformt. Sie verwandelt sich ständig und durchläuft verschiedene Stadien, von denen einige auf bekannte Göttinnen-Darstellungen aus verschiedenen Kulturen und Zeitaltern verweisen. Die Mutter wird geboren, um selbst zu gebären. Dies bezieht sich auf die Art und Weise, wie Mütter von der Gesellschaft geformt werden und auf die Erwartung an Mütter, Mütter zu sein und nichts anderes. Das Werk wurde durch einen Essay von Aliette de Bodard über Mutterschaft und Auslöschung inspiriert, der 2018 auf Intellectus Speculativus publiziert wurde. Sie schreibt über die oft schlechte Darstellung von Müttern in Fernsehsendungen, Filmen und anderen Erzählungen. „(…) We [mothers] aren’t characters: we are people-shaped holes. We are empty spaces or hollowed-out characters, whose sole purpose–when the story bothers to give us one–is to erase
ourselves for the sake of our children (…)“.
In Geschichten sind Mütter oft nicht mehr als ein Teil des Rahmens, der dem Helden die Freiheit gibt, sich auf eine Reise zu begeben. Und auch in unserer Gesellschaft werden Mütter oft nur als Mütter gesehen, nicht mehr als vollständige Personen, die nur existieren, um zu erschaffen und zu nähren, um der Familie Raum für Entfaltung zu ermöglichen. Die Vorstellung, dass alle Mütter ständig liebevoll und fürsorglich sein müssen, beraubt die Mutter ihrer Persönlichkeit, der Möglichkeit, als vollwertiges menschliches Wesen gesehen zu werden. Wir leben in patriarchalischen Strukturen und erwarten von unseren Müttern dennoch, archetypische Göttinnen zu sein.